Antec EarthWatts EA-450 Platinum: Höchste Effizienz zum fairen Preis?
Einleitung
Hocheffiziente Netzteile liegen derzeit absolut im Trend. In Zeiten hoher Strompreise und zunehmenden Umweltbewusstseins achten immer mehr Käufer auf die Leistungsaufnahme ihres Computers. Neben der Auswahl passender Komponenten lässt sich auch beim Netzteil viel Energie sparen: Zum einen kann man ein Netzteil mit besonders hohem Wirkungsgrad kaufen. Zum anderen ist es aber wichtig, ein Gerät der passenden Leistungsklasse zu erwerben. Überdimensionierte Netzteile werden nicht im optimalen Lastbereich betrieben und kosten daher sowohl bei der Anschaffung als auch im Betrieb unnötig Geld. Das war für uns der Grund, nach dem Antec EarthWatts 550 Platinum (hier zum Test) auch den kleinen Bruder mit 450 Watt ins Testlabor zu bitten.
In diesem Fall haben wir den direkten Vergleich zweier Modelle derselben Reihe durchgeführt. Welches Netzteil zeigt die bessere elektrische Performance? Wie groß ist der Unterschied bei geringer Last? Gibt es sonstige relevante Unterschiede? An unserer Chroma stellen wir fest, ob das 450 Watt Modell sich lohnt. Viel Spaß beim Lesen!
Spezifikationen und Features
Allgemeine Ausstattungsmerkmale:
- 80Plus Platin Zertifizierung
- 120 mm Lüfter mit doppeltem Kugellager
- gesleevte Kabel
- 140 mm Einbautiefe
Kabellänge und Kabelstränge:
Beim EA-450 Platinum sind alle Kabel fest mit dem Netzteilgehäuse verbunden. Der ATX-Stecker ist als fester 24 Pol Anschluss ausgeführt und ca. 50 cm lang. Der 4+4 Pol CPU Anschluss ist mit ca. 55 cm ebenfalls durchschnittlich. Für die Grafikkarten stehen zwei 6+2 Pol Stecker (50 bzw. 60 cm) an einem gemeinsamen Kabelstrang bereit. Für die restlichen Komponenten stehen zwei Stränge mit je drei SATA-Steckern, sowie ein Strang mit drei Molex und einem Floppy-Anschluss zur Verfügung. Statt dem festen Floppy würden wir einen Adapter bevorzugen. Insgesamt ist die Kabelausstattung des Netzteils problemlos.
Leistung:
Natürlich liefert das 450 Watt Modell des EarthWatts Platinum auch 450 Watt Dauerleistung. Bis zu 408 Watt (90,5 Prozent der Gesamtleistung) können auf den beiden 12 Volt Schienen erbracht werden. Antec setzt auf ein Multi-Rail Layout. Da die Schienen sinnvoll zugeordnet und auch sauber dokumentiert sind, hat diese Designentscheidung keinen Nachteil. Durch die dadurch aber möglichen sinnvollen Auslösewerte für die Überstromschutzschaltung wird die Sicherheit erhöht.
Schutzschaltungen:
Der Hersteller stattet das Netzteil mit allen notwendigen Schutzschaltungen aus.
- UVP
(Unterspannungsschutz: Falls die Spannungen auf den einzelnen Leitungen unter einen gewissen Toleranzwert fallen, schaltet sich das Netzteil automatisch ab.) - OVP
(Überspannungsschutz: Falls die Spannungen auf den einzelnen Leitungen über einen gewissen Toleranzwert steigen, schaltet sich das Netzteil automatisch ab.) - SCP
(Kurzschlusssicherung: Im Falle eines Kurzschlusses verhindert diese Sicherung eine Beschädigung der Kernkomponenten des Netzteils und der einzelnen Systemkomponenten.) - OPP
(Überlastschutz: Wenn das System “überdimensioniert“ ist, also mehr Leistung vom Netzteil beansprucht wird als es leisten kann, wird diese Sicherung ausgelöst.) - OCP
(Überstromschutz: Sollte die Last auf den einzelnen Leitungen höher sein als angegeben, schaltet das Netzteil automatisch ab.)
Ein Überhitzungsschutz (OTP) ist nicht integriert, aber in dieser Preisklasse nicht unbedingt nötig. Für die von Antec zusätzlich beworbenen Sicherungsfunktionen "Surge & Inrush Protection" (SIP) und "Brown-Out Protection" (BOP) beglückwünschen wir die Marketingabteilung. Antec hat für diese selbstverständlichen Bauteile wie MOV, NTC und Primärkondensator kreative Umschreibungen gewählt. Die Komponenten sind auch bei allen anderen guten Netzteilen vorhanden, werden dort aber nicht als Feature beworben.
Garantie:
Antec gewährt auf das EarthWatts EA-450 Platinum drei Jahre Garantie. Das entspricht dem Durchschnitt. Eine Abwicklung direkt über Antec ist möglich. Das Servicezentrum des Herstellers liegt in den Niederlanden, die Versandkosten im Fall der Fälle sind daher etwas höher. Andere Hersteller bieten in dieser Preisklasse teils längere Garantiezeiten, eine Abwicklung über eine deutsche Serviceadresse oder einen komfortablen Vor-Ort Austausch.
Die Verpackung und der Lieferumfang
Antec liefert das EarthWatts EA-450 Platinum in einem 23 x 21 x 12 cm kleinen Karton aus. Die optische Gestaltung ist schlicht. Die technischen Daten, die verfügbaren Anschlüsse und die Leistungsgrafik sind vorhanden. Eine Übersicht über die Kabellängen fehlt. Die Schutzwirkung der Verpackung ist unserer Ansicht nach eher mittelmäßig. Wir raten dringend dazu, beim Versand die Originalverpackung mit einem gepolsterten Karton zu schützen.
Der Lieferumfang ist knapp. Antec legt lediglich sechs Schrauben, einen Klettkabelbinder, eine Kurzanleitung und das Kaltgerätekabel in den Karton. Kunststoffkabelbinder, Thumbscrews und Casesticker suchen wir vergebens.
Details und Verarbeitung
Äußeres
Bei der optischen Gestaltung kombiniert Antec klassische matt-dunkle Lackierung mit einem wabenförmigen Lüftergitter. Tendenziell bevorzugen wir klassische Lüfterabdeckungen, da der erhöhte Widerstand der Waben das Luftrauschen minimal verstärkt. Das notwendige Datenblatt befindet sich auf einer Seitenfläche. Bei den Abmessungen hält sich Antec an die Vorgaben, mit 14 cm Einbautiefe passt das Netzteil damit in jedes gängige Gehäuse. Die Verarbeitung des Netzteils ist gut. Der Kabeldurchlass wurde korrekt mit einem Kunststoffring gesichert. Die Kabelummantelungen sind qualitativ gut, aber nicht blickdicht.
Technik
Nach dem Lösen der Schrauben und dem Öffnen des Netzteils fällt unser Blick auf die Elektronik.
Wie immer gilt: Nicht nachmachen - Lebensgefahr!
Die Elektronik des Netzteils wird von FSP gefertigt. Das Design basiert auf der aus dem FSP Aurum/be quiet! E9 bekannten Schaltung. Als Lüfter kommt ein 120 mm Lüfter mit Kugellager von Yate Loon zum Einsatz (D12BM-12(MGP1), 12 Volt, 0,3 Ampere maximale Stromaufnahme). Der Primärkondensator stammt von CapXon. Es handelt sich um ein 85 Grad Modell mit 270 Mikrofarad und 420 Volt Spannungsfestigkeit - Mittelklasse. Auf der Sekundärseite kommen 105 Elektrolytkondensatoren von CapXon und Nippon Chemicon zum Einsatz - ebenfalls befriedigend.
Die Sicherungschips FSP 6600 und FSP 6601 werden auch im FSP Aurum verwendet und stellen die versprochenen Schutzschaltungen wohl zur Verfügung. Ein Datenblatt liegt uns leider nicht vor. Die Eingangsfilterung beginnt direkt an der Eingangsbuchse mit zwei Y-Kondensatoren und einem Ferritkern. Auf der Hauptplatine folgen zwei X-, zwei weitere Y-Kondensatoren, eine Spule und der MOV. Die Eingangsfilterung ist damit vollständig. Die Lötqualität ist grundsätzlich gut. Beim Kürzen der Kabelenden hätte man aber gründlicher sein können.
Das Testsystem
Ein guter Netzteiltest setzt eine gewisse Ausrüstung voraus. Da es mit handelsüblichen PCs nicht möglich ist, bestimmte Lasten für das Netzteil zu produzieren, verwenden wir daher professionelle elektronische Lasten der Firma Chroma. Die Chroma belastet das Netzteil mit den von uns gewählten Einstellungen. Dabei können auch sehr leistungsfähige Netzteile voll ausgelastet werden. PFC-faktor, Spannungen und Effizienz lassen sich daher präzise bestimmen. Damit können wir eine sehr hohe Vergleichbarkeit der Netzteile sicherstellen. Zur Messung der Restwelligkeit verwenden wir ein Vierkanal-Oszilloskop von Tektronix (Tektronix TDS 3014C, 100 MHz, 1,25 GS/s).
Die Chroma im Detail:
- Chroma Digital Power Meter 66202
- Chroma Measurement Test Fixture A662003
- Chroma 6314A DC Electronic Load Mainframe mit 63102A und 63106 Lastmodul
- 2x Chroma 6314 mit insgesamt acht 63103 Lastmodulen
- Enermax-Anschlussplatine und Kondensatoren für normgerechte Messung
- Kalibrierung am 26.10.2010, Rekalibrierung am 26.10.2011
- Messung bei 230 Volt Eingangsspannung
Testablauf:
- 40 Watt feste Last
- 10% Last
- 20% Last
- 50% Last
- 100% Last
- Crossloadtest (wie 100% Last, aber minimale Belastung der 3,3 und 5 Volt Schienen)
- Wird vom Hersteller eine dauerhafte Überlastfähigkeit garantiert, wird diese zusätzlich geprüft
Wir möchten an dieser Stelle offen darauf hinweisen, dass wir als Gäste auf der Chroma der Firma Coolergiant Computers Handels GmbH in Hamburg testen. Für diese Unterstützung sind wir sehr dankbar, da eine solche Ausrüstung sehr teuer ist. Wir sind immer selbst vor Ort, bringen unsere Testmuster mit, führen unsere Messungen durch und lassen nicht "remote-testen". Zudem testen wir bei jedem Termin zahlreiche Netzteile - eine systematische Abweichung nach Oben oder Unten würde dann alle Netzteile betreffen. Sollten wir trotzdem auch nur den geringsten Zweifel an unserer Unabhängigkeit haben, werden wir auf weitere Tests an der Chroma verzichten.
Aufgrund der Lautstärke der elektronischen Lasten ist eine Lautstärkemessung an der Chroma wenig sinnvoll. Wir lasten die Netzteile daher auch mit gewöhnlichen Computern in festgelegten Szenarios aus. Damit können wir dann die Lüfterdrehzahl und die Lautstärke messen. Während der Lautstärkemessung mit unserem Voltcraft SL100 Schallpegelmessgerät werden natürlich die Lüfter des Testsystems kurz angehalten.
Testsystem 1:
- Xilence Netzteiltester
- DVD-Laufwerk
- Zur Simulation von sehr geringen Lasten (Lasttest 1) und zur Bestimmung der PG-Time
Testsystem 2:
- verwendet für Lasttests zwei bis vier
- AMD Phenom II X4 920
- Scythe Mugen
- 4 GB DDR2-1066 RAM
- Asrock A770 Crossfire Mainboard
- Sapphire AMD/ATI HD 4870 1024 MB Toxic
- zwei Festplatten, zwei optische Laufwerke
- zwei Sharkoon Silent Eagle 1000 LED Fan
- Rebel 9 Economy
- Windows-Energiesparmodus, OCCT CPU-Test, OCCT PSU-Test
Die Messwerte
PG-Time
Mit einem Netzteiltester führen wir eine kurze Funktionsprüfung durch und bestimmen dabei die PG time. Das Power Good Signal muss gemäß der ATX-Norm nach mindestens 100 und maximal 500 ms kommen. Das Signal signalisiert dem Mainboard, dass das Netzteil bereit ist, alle Spannungen passen und der Computer gestartet werden kann. Kommt das Signal nicht innerhalb dieses Zeitraums, ist das Netzteil defekt und muss getauscht werden.
Unser EA-450 Platinum meldet pünktlich seine Einsatzbereitschaft. Die weiteren Tests finden an der Chroma statt.
Effizienz
Die Effizienz des Antec Platinum 450 ist über alle Zweifel erhaben. Die Anforderungen für 80Plus Platin werden erfüllt. Besonders beeindruckend ist die hohe Effizienz beim "40 Watt Test". Das Gold zertifizierte Sea Sonic G-360 wird selbst bei dieser geringen Last noch geschlagen! Insgesamt zählt das Netzteil zu den effizientesten Netzteilen am Markt.
Leistungsfaktor (PFC)
Ein PC-Netzteil verhält sich im Stromnetz anders als gewöhnliche (ohmsche) Lasten wie z.B. eine Glühlampe. Die nicht Sinus-förmige Stromaufnahme bedeutet, dass neben der Wirkleistung sog. Blindstrom entsteht. Dies führt zum einen zu einer höheren gemessenen Scheinleistung, zum anderen zu einer Belastung für das Stromnetz. Ein Messwert von "1" an dieser Stelle würde bedeuten, dass das Netzteil sich perfekt verhält und kein Blindstrom entsteht. In der Realität werden wir immer geringere Ergebnisse messen.
Die Leistungsfaktorkorrektur des EA-450 ist einwandfrei.
Spannungen
12 Volt Leitung Nr. 1:
12 Volt Leitung Nr. 2:
5 Volt:
3,3 Volt:
Die gute Nachricht: Alle Spannungen sind jederzeit innerhalb der jeweiligen erlaubten Bereiche. Insgesamt ist die Spannungsregulation nur Durchschnitt. Die beiden 12 Volt Leitungen brechen bei hoher Belastung ein. Im Crossloadszenario klettert die Spannung der 5 Volt Leitung recht nahe ans Limit.
Restwelligkeit
20% Last:
50% Last:
100% Last:
Crossload:
Übersicht:
Die Restwelligkeiten sind jederzeit im erlaubten Bereich. Im Vergleich zum größeren Bruder mit 550 Watt sind die Messwerte etwas besser und insgesamt gut, aber nicht perfekt.
Anhang: Lastkalkulation
Für die Messungen an der Chroma wurde folgende Lastkalkulation verwendet:
Hinweis: Dass in der Lasttabelle mehrere 12 Volt Schienen aufgeführt sind, bedeutet, dass mehrere 12 Volt Lastmodule der Chroma verwendet werden. Durch die Verwendung mehrerer Anschlüsse und Lastmodule lässt sich die Messgenauigkeit verbessern. Die Gesamtbelastung der 12 Volt Leitung ergibt sich durch Addieren der Einzelbelastungen.
Die Lautstärke
Lüfterdrehzahl:
Lautstärkemessung:
Subjektiver Eindruck:
Anders als beim großen Bruder mit 550 Watt Nennleistung, funktioniert beim 450 Watt Modell die Lüftersteuerung. Die gemessene Lautstärke liegt dabei durchwegs im mittleren Bereich. Egal in welchem Lastszenario - das EA-450 Platinum positioniert sich im Mittelfeld. Das Netzteil eignet sich daher nicht für auf geringe Lautstärke optimierte Rechner. In normalen Rechnern wird es jedoch nie auffallen. Subjektiv fällt uns zudem das wahrnehmbare Schleifgeräusch des Lüfterlagers bei geringer Last auf. Eventuelle Elektronikgeräusche des Netzteils werden damit auf jeden Fall übertönt.
Philip Pfab meint
Das Konzept hinter dem Antec EarthWatts EA-450 Platinum ist einfach: Höchste Effizienz zum günstigen Preis. Und das ist dem Hersteller voll und ganz gelungen: Das Netzteil ist mit deutlichem Abstand das preiswerteste 80Plus Platin-zertifizierte Netzteil. Der Wirkungsgrad im Testlabor ist beeindruckend hoch. Das 80Plus Platin Standard wird auch in der Praxis erfüllt. Bei geringer Last stellt das EA-450 den Effizienzrekord unter allen bisher bei uns getesteten Netzteile auf!
Die restlichen Eigenschaften des Netzteils sind dann eher durchschnittlich. Drei Jahre Garantiezeit, Mittelklasse-Elektronik, durchschnittliche Restwelligkeitswerte und unterdurchschnittliche, aber noch spezifikationsgemäße Spannungsregulation - abseits der Effizienz bleibt das Netzteil blass. Die Lautstärke ist nicht perfekt: Auch wenn im Gegensatz zum 550 Watt Modell die Lüftersteuerung funktioniert, ist die Lautstärke nicht silent-tauglich. Der verwendete Lüfter fällt zudem bei geringer Last durch Lagergeräusche negativ auf. In den meisten Rechnern wird die Lautstärke des EA-450 jedoch nicht auffallen.
Antec hat ebenso wie Seasonic Mut bewiesen. Viele haben sich hocheffiziente Netzteile - gerade auch im unteren Leistungsbereich - nachdrücklich gewünscht. Ob es zukünftig mehr solche Produkte geben wird, entscheiden schlussendlich die Kunden mit ihrer Geldbörse. Aus unserer Sicht hat Antec das selbst gesteckte Ziel, ein günstiges, hocheffizientes Netzteil, erreicht. Hoffen wir, dass das Marktpotential für ein derartiges Gerät da ist.
- Positiv
- Sehr hohe Effizienz
- Hohe Effizienz auch bei geringer Last
- Problemlose Messergebnisse
- Zwei 6+2 Pol Grafikkartenanschlüsse
- Neutral
- - / -
- Negativ
- Crossloadperformance
- Könnte noch etwas leiser sein
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