Fractal Design Newton R3 600W: Platin, Semi-Passiv und sonst?
Einleitung
Fractal Design ist im Retail-Markt kein unbeschriebenes Blatt mehr. Neben hochwertigen und dezenten Gehäusen bietet der Hersteller schon eine Zeit lang Netzteile in verschiedenen Leistungsklassen an. Doch diese mittlerweile sehr betagten Netzteile wurden vor kurzem durch brandneue Modelle ersetzt. Diese neuen Stromversorger wurden wiederum in drei verschiedene Serien untergliedert: Integra, Tesla und Newton.
Die Integra Geräte stellen dabei die preisgünstigere Einsteigerklasse vor, die mitunter über eine 80+ Bronze Zertifizierung verfügen. Die Tesla-Reihe verfügt dabei schon über eine 80+ Gold Zertifizierung und stellt gewissermaßen den High-End Bereich dar. Highest-End ist damit die Fractal Design Newton Serie, die eine Effizienz besitzt, die dem 80 Plus Platin Siegel gerecht wird.
Spezifikationen und Features
Allgemeine Features:
- 80PLUS® Platinum
- Single Design
- Long-life Kugellager-Lüfter
- Modulares Kabelmanagement
- Japanische Kondensatoren
- Semi-passive Modus
- fünf Jahre Garantie
Kabellänge und Kabelstränge:
Das Newton R3 verfügt über ein teilmodulares Kabelmanagement: fest mit dem Netzteil verbunden sind der ATX 24-Pin Stecker (ca. 55 cm), der EPS 8-Pin (ca. 70 cm) Strang und zwei der vier PCI-Express Leitungen (ca. 60 cm). Prinzipiell sind wir damit zufrieden, wobei es nicht schlecht wäre, wenn die zwei der vier PCIe Kabel ebenfalls modular gewesen wären. Nicht jeder verwendet dieses Gerät in Verbindung mit einer starken Grafikkarte.
Zu den nichtmodularen Kabeln zählen zwei PCI-Express Leitungen und alle restlichen Laufwerksanschlüsse. Dazu gehören neun SATA-Stecker, die auf drei Kabelstränge verteilt wurden. Jeder dieser SATA-Stränge unterscheidet sich in der Länge von den anderen. Folgende Längen werden von Fractal Design mitgeliefert: 95, 80 und 65 Zentimeter. Weiterhin gibt es einen Strang mit drei Molexsteckern, der 65 cm lang ist. Die letzte Leitung im Bunde wurde mit zwei weiteren Molexsteckern und einem FDD-Anschluss versehen (ca. 65 cm).
Schutzschaltungen:
Der Hersteller stattet das Gerät mit folgenden Schutzschaltungen aus:
- OVP
(Überspannungsschutz: Falls die Spannungen auf den einzelnen Leitungen über einen gewissen Toleranzwert steigen, schaltet sich das Netzteil automatisch ab.) - SCP
(Kurzschlusssicherung: Im Falle eines Kurzschlusses verhindert diese Sicherung eine Beschädigung der Kernkomponenten des Netzteils und der einzelnen Systemkomponenten.) - OPP
(Überlastschutz: Wenn das System “überdimensioniert“ ist, also mehr Leistung vom Netzteil beansprucht wird als es leisten kann, wird diese Sicherung ausgelöst.) - OCP
(Überstromschutz: Sollte die Last auf den einzelnen Leitungen höher sein als angegeben, schaltet das Netzteil automatisch ab.)
Das Schutzschaltungspaket fällt bei diesem Modell eher unterdurchschnittlich aus, denn grundsätzliche Sicherheitsvorkehrungen durch eine UVP und OTP Schutzschaltung wurden völlig außer Acht gelassen. Besonders das Fehlen eines Überhitzungsschutzes ist bei einem semi-passiv gekühlten Netzteil unverständlich.
Leistung
Als Gesamtleistung gibt Fractal Design 600 Watt an - auf der 12-Volt Schiene kann das Netzteil bis zu 600 Watt bereitstellen. Mit 100 Prozent der Gesamtleistung auf der 12 Volt Schiene eignet sich das Netzteil gut für moderne Rechner. Auf der 3,3- und 5-Volt Leitung können bis zu 100 Watt bereitgestellt werden. Die 600 Watt der 12-Volt Rail und die 100 Watt der beiden anderen Leitungen werden variabel aufgeteilt - die Werte sind daher nicht "fest".
Das Gerät ist damit ein typisches Singlerail Netzteil, da es nur über eine 12 Volt Schiene verfügt. Eine Fehlbelastung des Netzteils durch Überlastung einer einzelnen 12 Volt Leitung durch suboptimale Verkabelung ist damit ausgeschlossen. Andererseits sind auch moderne Multirailnetzteile diesbezüglich unproblematisch.
Verpackung und Lieferumfang
Alles was zum Lieferumfang gehört, befindet sich in einer aufrollbaren Tasche. Darin befinden sich alle modularen Kabel, vier Schrauben, fünf konventionelle Kabelbinder und zwei Klettkabelbinder. Der Lieferumfang fällt damit ziemlich gut aus.
Details und Verarbeitung
Das Exterieur sieht Fractal Design typisch aus, klare Linien, nicht mehr wie zwei Farben und darüber hinaus ist die Verarbeitung wirklich gelungen. Es sind keine unregelmäßigen Spaltmaße oder sonstige Unstimmigkeiten festzustellen. Beim Lack setzte man auf eine schwarze Version in matt, die leider recht kratz-anfällig ist. An den beiden Seiten werden nicht wie gewöhnlich billig wirkende Aufkleber verwendet - die Informationen zu den Leistungsangaben, sowie das Hersteller-Logo auf der anderen Seite wurden auflackiert.
In den Boden des Netzteils wurde der typische Fractal Design "Kristall" eingestanzt - rein optisch wirkt das Gerät subjektiv etwas "frischer". An der Rückseite befinden sich die nötigen Buchsen für das Kabelmanagement. Darunter ist unschwer eine Armada an Aufklebern zu erkennen - eher unschön. Die Sleeves, die um die Kabel angebracht wurden, sind zwar nicht besonders blickdicht, dafür aber qualitativ hochwertig.
Intern:
Wie es bei Fractal Design schon fast üblich ist, kommt die Elektronik vom taiwanesischen OEM namens ATNG.
Die Eingangsfilterung beginnt an der Kaltgerätebuchse in Form von vier X-, sowie zwei Y-Kondensatoren und einer Spule. Auf der Hauptplatine wird diese mit zwei weiteren X-Kondensatoren und einer zusätzlichen Spule fortgesetzt. Etwas abgelegener findet sich sogar ein MOV (Metal-Oxid Varistor), der als passiver Überspannungsschutz dient. Die Eingangsfilterung ist damit vollständig.
Der Primärkondensator kommt vom japanischen Hersteller namens Nippon-Chemicon. Dieses Modell ist auf 105 °C spezifiziert und weißt eine Spannungsfestigkeit von 400 Volt bei 390 mF auf. Eine solide Wahl, die bei einem semi-passiven Netzteil durchaus angebracht ist.
Auf der sekundären Seite finden sich Feststoffkondensatoren und Elkos, die ebenfalls von Nippon-Chemicon kommen - natürlich 105 °C spezifiziert. Des Weiteren setzt der Hersteller auf DC-DC Wandler, für die 3,3- und 5 Volt Rail.
Die Lötqualität ist insgesamt auf einem recht guten Niveau, auch wenn stellenweise sehr viel Lötzinn verwendet wurde. Kabelenden wurden vorbildlich gekürzt.
Lüfter:
Hierbei handelt sich um einen Fractal Design gelabelten Lüfter. Angegeben wurde lediglich eine Stromaufnahme von 0,28A bei 12 Volt. Über Fractal Design konnten wir erfahren, dass dieser mit maximal 1200 U/min drehen kann.
Effizienz und Spannung
Testsystem:
Testmethodik:
Die Messung der Leistungsaufnahme führen wir mit einem Voltcraft Energy Monitor 3000 durch - dabei teilen wir die Messungen in drei Bereiche auf: Windows-Normalbetrieb (IDLE), Auslastungsstufe 1 (Prime 95) und Auslastungsstufe 2 (Prime 95 + Furmark).
Im IDLE Betrieb wird der Stromverbrauch ohne Festplattenaktivität und ohne Ressourcen-fressende Programme gemessen - lediglich die für den Betrieb notwendigen Programme sind offen. In der Auslastungsstufe 1 wird nun vorgegangen wie im IDLE Betrieb, nur dass Prime 95 (im 12 K-Mode) hinzugeschaltet wird. Der Prozessor ist nicht übertaktet, die Spannung wird jedoch auf 1,475 Volt angehoben. In der letzten Auslastungsstufe (2) wird zusätzlich das Programm FurMark aktiviert, das die Grafikkarten zu 99 % belastet. Die Grafikarten werden wie in allen anderen Tests auf 770 MHz (Stock: 750 MHz) übertaktet und mit 1,3 Volt (Stock: 1,26 Volt) versorgt.
Die Spannungen werden mit Hilfe eines Voltcraft VC-120 Messgeräts ausgelesen. Wir ermitteln die Werte in IDLE und in der Auslastungsstufe 2. Die Messung der Spannungs-Ergebnisse in der Auslastungsstufe 1 lohnt sich kaum bis gar nicht, da sich die Werte so gut wie nicht verändern.
Die Lautstärkewerte werden wieder in jedem Szenario ermittelt. Dabei befindet sich das Mikrofon unseres Messgeräts (Voltcraft SL-100) fünfeinhalb Zentimeter von der Lüfternarbe entfernt. Dieser Abstand erscheint zwar anfangs als sehr gering, doch nur so können wir auch bei sehr leisen Netzteilen eindeutige Werte ermitteln. Das Messgerät selbst wurde mit einem Stativ aufgestellt, um Abweichungen durch Bewegungen zu verhindern. Während der Lautstärke-Messung werden alle Lüfter und die Pumpe via einem zentralen Schalter abgestellt. Für diesen Test wird die recht laute Festplatte durch eine lautlose SSD ersetzt. Beim "Lasttest 2" werden die Grafikkarten mit einem Schaumstoffartigen Material umhüllt, um das Geräusch der Spulen auf den Grafikkarten einzudämmen. Um Nebengeräusche zu verhindern, erfolgten die Messungen in einer ruhigen Wohnsiedlung vormittags und in der Nacht.
Leistungsaufnahme:
Verbrauch Windows-Normalbetrieb:
Verbrauch-Auslastungsstufe 1:
Verbrauch-Auslastungsstufe 2:
Hinsichtlich der Effizienz waren wir ziemlich überrascht, natürlich im positiven Sinne. Im IDLE und in der ersten Auslastungsstufe konnte das Platimax 600 aus dem Hause Enermax um bis zu sieben Watt übertrumpft werden. Unter Last musste das Gerät aber mit dem zweiten Platz vorlieb nehmen, schlecht ist dies keineswegs.
Spannungsregulation:
Spannungsverlauf 3,3 Volt Schiene:
Spannungsverlauf 5 Volt Schiene:
Spannungsverlauf 12 Volt Schiene:
Die Spannungsregulation ist einfach mit dem Wort "unauffällig" abzuhandeln. Alle Werte sind problemlos innerhalb der Spezifikation.
Die Lautstärke
Drehzahlverlauf:
Lautstärke Windows-Normalbetrieb:
Lautstärke Auslastungsstufe 1:
Lautstärke Auslastungsstufe 2:
Im Windows-Leerlauf und in der ersten Auslastungsstufe konnten wir das Netzteil nicht dazu überreden den Lüfter anzuschalten. Sogar bei einer Last von 360 Watt und 20°C Umgebungstemperatur wurde der Lüfter seitens der Temperatursteuerung nicht aktiviert. Erst in unserem zweiten Test wurde der Lüfter von der Regelung eingeschalten, doch die Lautstärke bewegte sich stets auf einem sehr niedrigen Niveau - so konnte sich das Newton R3 zwischen dem P10 von be quiet! und dem Enermax Platimax platzieren.
Die Lautstärke subjektiv:
Wenn der Lüfter nicht an ist, gibt es keine Geräusche, könnte man jetzt behaupten. Meistens ist dies nicht der Fall, da die Elektronik im Inneren des Geräts Laute in Form von "Fiepgeräuschen" von sich geben kann. Unser Sample ist in dieser Hinsicht unauffällig und nur minimal lauter als unsere Referenz, die das P10 von be quiet! bildet. Doch in der zweiten Auslastungsstufe tritt der Lüfter zum Dienst an. Dieser arbeitet zwar mit einer recht humanen Drehzahl von nur 900 U/min, bringt aber ein gewisses Rattern mit sich, das dem Kugellager zuzuschreiben ist. Insgesamt ist das Gerät in allen Lagen "silenttauglich".
Louis Hirschmann meint
In unserem Test konnte sich das Fractal Design Newton R3 600W ziemlich gut schlagen. Angefangen bei der Ausstattung des Kabelbaums gibt es keine großen Kritikpunkte, bis auf die zwei PCI-Express Stecker, die fest mit dem Netzteil verbunden sind. Der Lieferumfang fällt zwar nicht extrem umfangreich aus, bringt aber alles Notwendige mit sich - sogar ausreichend Kabelbinder. Die Außenhaut, bzw. das Exterieur zeigt sich Fractal Design typisch, nach dem Motto: weniger ist mehr.
Feine Kanten, eine saubere Lackierung und einwandfreie Spaltmaße runden das Gesamtpaket ab. Die von ATNG gefertigte Elektronik macht zusammen mit den japanischen Kondensatoren einen hochwertigen Eindruck, auch wenn hier und da etwas zu viel Lötzinn verwendet wurde. Weniger begeistert sind wir von der Tatsache, dass das Schutzschaltungs-Paket nicht ganz vollständig ist: neben einer Unterspannungssicherung fehlt ebenfalls ein Übertemperaturschutz, was bei einem semi-passiv gekühlten Gerät nachteilig ist.
Insgesamt ist das Gesamtpaket doch sehr stimmig und dürfte vor allem die geräuschempfindlichen Käufer freuen. Hinzu kommt die erstklassige Effizienz, die von der subjektiv sehr schicken Optik unterstrichen wird. Ein realer Kaufpreis ist leider noch nicht ersichtlich, doch Fractal Design gibt eine UVP von 139,99 Euro an.
- Positiv
- sehr gute Effizienz
- Kabelmanagement
- gute Verarbeitung
- insgesamt sehr leise
- fünf Jahre Garantie
- Neutral
- - / -
- Negativ
- keine UVP und OTP Schutzmechanismen
- nur kugelgelagerter Lüfter
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