Enermax NAXN 82+ ADV 550W: 80 PLUS Bronze Zertifikat im Test
Einleitung
Netzteile der Marke Enermax haben schon öfters den Weg in unser Testlabor gefunden: Neben dem kleinen Triathlor Bulk 300W schauten wir uns auch ein Revo X´t als auch Platimax in der beliebten Klasse von 400-500 Watt an. So konnten wir neben verschiedenen Leistungsklassen ebenfalls unterschiedliche Effizienzklassen, welche von 80 PLUS Bronze bis 80 PLUS Platinum reichten, abdecken. Bislang fehlte uns allerdings noch ein Vertreter der für Gaming-Systeme beliebten Leistungslasse von 400 bis 550 Watt, welcher sich an eher günstigere Systeme richtet. 80 PLUS Bronze lautet hier das Zauberwort und so haben wir das Enermax NAXN 82+ ADV in der Ausbaustufe von 550 Watt ins Testlabor beordert.
Mit einem Preis von etwa 51,- Euro liegt das NAXN in der Preisklasse der beliebten Modelle von Cooler Master (G550M), Corsair (CX500) und be quiet! (L8 500W). Von Cooler Master hatten wir bereits das kleinere G450M und das L8 mit Kabelmanagement von be quiet! im Test. Beide Modelle konnten uns überzeugen, kann es das NAXN mit den beliebtesten Vertretern aufnehmen?
Spezifikationen und Features
Unser heutiger Testkandidat wird in einer flachen und langen Produktverpackung ausgeliefert. Schon auf der Vorderseite wird auf die 80 PLUS Bronze-Zertifizierung und die Gesamtleistung von 550 Watt hingewiesen. Das NAXN wird hierzulande auch in der Version mit 450 und 650 Watt verkauft. Auf der Produktverpackung wird noch eine 350 Watt starke Version genannt, welche hierzulande aber vom Triathlor Bulk übernommen wird. Folgende sowie interessante Details haben wir zudem auf der Verpackung gefunden:
- 80 PLUS Bronze Zertifizierung mit bis zu 88 Prozent Effizienz
- Japanischer Primärkondensator
- Langlebiger doppelkugellager-Lüfter
- Schutzschaltungen: OVP, UVP, OPP, SCP, SIP
- Herstellergarantie: 3 Jahre
Die versprochene Effizienz werden wir im späteren Praxistest einmal genauer überprüfen. Über japanische Kondensatoren freuen wir uns grundsätzlich immer, allerdings ist hier von einem Primärkondensator die Rede, welcher im 230 Volt-Netz eher als Luxus anzusehen ist und wenig Alltagsnutzen besitzt. Positiv stimmt uns hingegen der Kugellager-Lüfter, welcher über eine längere Lebensdauer als gleichwertige Gleitlager-Lüfter verfügt.
Bei den Schutzschaltungen fehlt bei genauerem Hinsehen OCP, was angesichts der Leistungsklasse als eher kritisch anzusehen ist. Ein Überlasttest wird hier Klarheit bringen.
Von den 550 Watt Gesamtleistung fallen ordentliche 504 Watt auf die 12 Volt-Rail, damit ist das NAXN grundsätzlich schon einmal problemlos für aktuelle System geeignet. Über den für die 80 Plus Bronze-Zertifizierung wichtigen, weiten Eingangsbereich von 100 bis 240 Volt verfügt das Netzteil ebenfalls.
Äußeres, Lieferumfang und Kabelausstattung
Der Lieferumfang fällt mit einer Bedienungsanleitung, einem Kaltgerätestecker, Gehäuseschrauben und einer Halterung für den externen Stromstecker ordentlich aus. Einzig über ein paar Kabelbinder hätten sich Kunden gefreut, diese befinden sich jedoch nicht in der Verpackung.
Zuerst fällt uns das erfreulich kurze Gehäuse des Netzteils auf, mit einer Länge von 14 Zentimetern sollte dieses in jedes PC-Case passen. Das NAXN besitzt eine raue Oberfläche, welche in einem Grauton lackiert wurde. Das Design ist wie immer Geschmackssache, uns hätte eine normale Lackierung besser gefallen.
Die seitlichen Schriftzüge stehen dem kleinen Gehäuse hingegen hervorragend. Im Kontrast zu der grauen und matten Oberfläche des Netzteils stehen die glänzenden und pechschwarzen Flachbandkabel. Auf ein modulares Kabelmanagement müssen Kunden bei einem Preis von etwa 50 Euro hingegen verzichten.
Die Kabelstränge im Detail:
Bezeichnung der Kabel | Kabel-Länge in cm |
ATX 20 Pin + 4 Pin | 51 |
CPU 4 + 4 Pin | 63 |
PCI-E 6 + 2 Pin & PCI-E 6 + 2 Pin | 54 + 65 |
4 x SATA | 51 + 67 + 82 + 97 |
3 x SATA | 51 + 67 + 82 |
3 x Molex + Floppy | 50 + 65 + 80 +94 |
Die Technik im Detail
Ein Hinweis vorweg:
Nicht nachmachen! Ihr begebt euch in Lebensgefahr wenn ihr ein Netzteil aufschraubt, des Weiteren geht die Garantie verloren!
Die Elektronik des NAXN wird von CWT gefertigt. Die technische Basis gleicht dabei der des bereits von uns getesteten Enermax Triathlor Bulk 300W, auch das kürzlich getestete Cooler Master B500 v2 basiert auf einer fast identischen Plattform.
Die Eingangsfilterung beginnt auf einer separaten Platine, auf dieser sich ein X- und zwei Y-Kondensatoren befinden. Das große PCB wurde zudem noch mit insgesamt drei Spulen, einem X- und zwei Y-Kondensatoren, einer Schmelzsicherung sowie einem MOV als passiven Überspannungsschutz bestückt. Im Gegensatz zu den kleineren Modellen verfügt das NAXN über einen Kühlkörper am Brückengleichrichter. Als PWM/PFC Controller kommt ein Modell der Marke Champion zum Einsatz.
Hinter der verpackten PFC-Spule befindet sich der Primärkondensator, welcher von Matsushita (auch bekannt als Panasonic, HC-Serie) zugeliefert wird und folgende technische Daten aufweist: 330 Mikrofarad Kapazität, 400 Volt, 105°C. Dies ist eine qualitativ hervorragende Wahl, jedoch wird der Primärkondensator im 230 Volt-Netz kaum belastet, weswegen diese Wahl als purer Luxus anzusehen ist und eher der Werbung auf der Produktverpackung dient. An den Trafos befindet sich zudem die bei dieser Plattform übliche Armada von kleinen JunFu-Caps (WG-Serie), welche mit 105°C spezifiziert sind.
Auf der Sekundärseite befinden sich eher preiswerte Kondensatoren der Marke CapXon (KH, GF, KF-Serie) und Aishi (RE-Serie), welche ebenffalls mit 105°C spezifiziert sind. Gespart wurde auch bei den Schutzschaltungen, auf der Platine wurde ein Sitronix ST9S313-DAG verbaut, welcher die Schutzschaltungen OVP, UVP und damit auch SCP bereitstellt. OCP fehlt hingegen, was in dieser Leistungsklasse als eher kritisch anzusehen ist. An der Chroma schaltete das Netzteil daher viel zu spät ab:
- 3,3 Volt-Schiene: Abschaltung bei 40 Ampere (Spannung 1,9 Volt)
- 5 Volt-Schiene: Abschaltung bei 45 Ampere (Spannung: 4,56 Volt)
- 12 Volt-Schiene: Abschaltung bei 67 Ampere (Spannung: 9,53 Volt)
Insbesondere auf 3,3 Volt und 12 Volt schaltet das Netzteil viel zu spät ab, die Spannungswerte liegen weit fernab der ATX-Norm. Der Einsatz eines besseren Protection-ICs hätte hier Sinn gemacht, denn das Cooler Master B500 v2 schaltete in unseren Tests rechtzeitig ab.
Als Lüfter wurde ein eher preiswertes Modell der Marke Yate-Loon verbaut, welches zudem über eine Luftleitfolie verfügt. Das Modell mit der Bezeichnung D12BH-12 besitzt eine Maximaldrehzahl von satten 2300 U/Min, wir sind daher auf die Lautstärkemessungen gespannt.
Die Lötqualität unseres Testmusters ist ordentlich, bestätigen können wir zudem das Single-Rail Layout. Insgesamt muss sich Enermax für die Elektronik des NAXN Kritik gefallen lassen. Über die teilweise günstigen Komponenten können wir noch hinwegsehen, über die wenigen und zu spät greifenden Schutzschaltungen nicht.
Die Testumgebung
Ein guter Netzteiltest setzt eine gewisse Ausrüstung voraus. Da es mit handelsüblichen PCs nicht möglich ist, bestimmte Lasten für das Netzteil zu produzieren, verwenden wir daher professionelle elektronische Lasten der Firma Chroma. Die Chroma belastet das Netzteil mit den von uns gewählten Einstellungen.
Dabei können auch sehr leistungsfähige Netzteile voll ausgelastet werden. PFC-faktor, Spannungen und Effizienz lassen sich daher präzise bestimmen. Damit können wir eine sehr hohe Vergleichbarkeit der Netzteile sicherstellen. Zur Messung der Restwelligkeit verwenden wir ein Vierkanal-Oszilloskop von Tektronix (Tektronix TDS 3014C, 100 MHz, 1,25 GS/s).
Die Chroma im Detail:
- Chroma Digital Power Meter 66202
- Chroma Measurement Test Fixture A662003
- Chroma 6314A DC Electronic Load Mainframe mit 63102A und 63106 Lastmodul
- 2x Chroma 6314 mit insgesamt acht 63103 Lastmodulen
- Enermax-Anschlussplatine und Kondensatoren für normgerechte Messung
- Kalibrierung am 26.10.2010, Rekalibrierung am 26.10.2011
- Messung bei 230 Volt Eingangsspannung
Testablauf:
- 10% Last
- 20% Last
- 50% Last
- 100% Last
- 120% Last
- Crossloadtest
Wir möchten an dieser Stelle offen darauf hinweisen, dass wir als Gäste auf der Chroma der Firma Coolergiant Computers Handels GmbH in Hamburg testen. Für diese Unterstützung sind wir sehr dankbar, da eine solche Ausrüstung sehr teuer ist. Wir sind immer selbst vor Ort, bringen unsere Testmuster mit, führen unsere Messungen durch und lassen nicht "remote-testen". Zudem testen wir bei jedem Termin zahlreiche Netzteile - eine systematische Abweichung nach Oben oder Unten würde dann alle Netzteile betreffen. Sollten wir trotzdem auch nur den geringsten Zweifel an unserer Unabhängigkeit haben, werden wir auf weitere Tests an der Chroma verzichten.
Aufgrund der Lautstärke der elektronischen Lasten ist eine Lautstärkemessung an der Chroma wenig sinnvoll. Wir lasten die Netzteile daher auch mit gewöhnlichen Computern in festgelegten Szenarios aus. Die Lautstärkemessungen wurden mit Hilfe eines Voltcraft SL-100 durchgeführt. Dabei wurde das Netzteil bestmöglich vom restlichen System getrennt. Das Schallpegel-Messgerät wurde in einem Abstand von 50 cm vom Lüfter positioniert.
Der Test wird in einem offenen Testsystem durchgeführt, Gehäuselüfter fallen daher weg. Die Außentemperatur lag in diesem Test bei 21° Celsius.
Das Testsystem: | |
---|---|
CPU: | Intel Core i5-3470 @ 4,0 GHz |
CPU-Kühler: | Scythe Mugen 4 PCGH-Edition |
Mainboard: | Asrock Z77 Extreme4 |
Arbeitsspeicher: | 2x 4GB G.Skill Sniper DDR3-1600 CL9-9-9-24 |
Grafikkarte: | Zotac Geforce GTX 480 Amp! |
SSD / Festplatte: | Samsung 840 Evo 500GB |
Netzteil: | siehe Test |
Bildschirm: | BenQ G2220HD |
Sonstige Hardware: | Asus Xonar DGX |
Die Geforce GTX 480 stellt die Single-GPU Grafikkarte mit der höchsten Leistungsaufnahme dar. Hierbei ließe sich theoretisch eine Aufnahme von weit über 600 Watt generieren, aber selbst der gute Kühler von Zotac ist mit der Leistung überfordert, das vorläufige Maximum des Gesamtsystems liegt daher erst einmal bei ca. 520 Watt.
Für die Lautstärkemessungen haben wir folgende Lastszenarios generiert:
Test-Szenarien: | |
---|---|
Szenario 1: | Gesamtsystem im Idle |
Szenario 2: | CPU: Prime 95 Grafikkarte im Idle |
Szenario 3: | CPU im Idle Grafikkarte: GPU-Voltage 950 mV, Chiptakt 500 MHz, Furmark |
Szenario 4: | CPU im Idle Grafikkarte: GPU-Voltage 950 mV, Furmark |
Szenario 5: | CPU: Prime 95 Grafikkarte: GPU-Voltage 1013mV, Furmark |
Effizienz und Leistungsfaktorkorrektur
Die Effizienz
In Sachen Effizienz kann das NAXN insbesondere bei geringer Last überzeugen. Die zuvor getesteten Netzteile liegen hier zum Teil einige Prozentpunkte zurück. Das be quiet! Pure Power L8 530W kann sich zumindest bei Volllast und Überlast vor das NAXN schieben. Die versprochenen 88 Prozent Effizienz werden hingegen knapp verfehlt.
Leistungsfaktorkorrektur (PFC)
Bei der Leistungsfaktorkorrektur können wir dem NAXN ordentliche Werte bescheinigen.
Ripple-Noise und Lastkalkulation
Ripple-Noise
Keine Probleme gibt es bei der Restwelligkeit. Selbst bei Überlast bleiben die Werte auf einem sehr guten Niveau.
Die Lastkalkulation
Die Spannungsregulation
Wie sieht es eigentlich mit der Spannungsregulation aus? Eine zu niedrige oder zu hohe Spannung kann Komponenten beschädigen oder das System instabil werden lassen. Die Grenzen der Diagramme stellen die ATX-Norm dar. Werte, die außerhalb des Diagramms liegen, liegen somit auch gleichzeitig außerhalb der ATX-Norm.
Da das Enermax NAXN über eine gruppenregulierte Schaltung verfügt, sind natürlich keine Wunder bei der Spannungsregulation zu erwarten. Trotzdem kann das Netzteil in den meisten Belastungstests überzeugen, einzig im Crossload sackt die Spannung auf 12 Volt zu weit ab. Wer das Netzteil jedoch nicht bis zum Äußersten belastet, wird keinerlei Probleme bekommen.
Die Lautstärke
Ganz wichtig ist bei Netzteilen natürlich die Lautstärke. Bevor hier Fragen auftauchen wie ein PC denn ohne Netzteil betrieben werden kann: Wir haben hier das semipassive Seasonic 860W Platinum genommen und so weit wie möglich vom Schallpegel-Messgerät gelegt. Auch wenn der Lüfter in höheren Belastungen minimal aufdreht, sollte er vom restlichen System übertönt worden sein. Vorab eine kleine Definition zur besseren Einordnung:
Bis 32,9 db(A) | Unhörbar leise bis sehr leise |
Von 33,0 bis 34,9 db(A) | Leise bis leicht hörbar |
Von 35,0 bis 39,9 db(A) | Hörbar bis deutlich hörbar, die Komponente sollte aus einem geschlossenen Gehäuse herauszuhören sein |
Ab 40 db(A) | Störend laut |
Neben den Tests der Schutzschaltungen leistet sich das NAXN bei der Lautstärke den zweiten schweren Patzer. Die Minimaldrehzahl des Lüfters ist deutlich zu hoch angesetzt, dementsprechend macht dieser mit einem deutlich hörbaren Geräusch auf sich aufmerksam. Insgesamt müssen wir im Idle den höchsten bisher gemessenen Lautstärkewert notieren, das Netzteil ist daher nicht für leise Systeme geeignet. Wir haben die Lautstärke in Szenario 5 einmal mit unserer Kamera aufgenommen:
Video abspielenHendrik Engelbertz meint
Netzteile mit 80 PLUS Bronze Zertifizierung hatten wir schon so einige im Test, zudem verfügen Kunden in der Klasse von 450 bis 550 Watt über zahlreiche Auswahlmöglichkeiten. Das Enermax NAXN hatte sich also gegen allerlei Konkurrenten durchzusetzen, aber der Reihe nach.
Der Test begann ordentlich, das kompakte Netzteil verfügt über lange Kabel, auch an Anschlüssen wurde nicht gespart. Die Dokumentation und der Lieferumfang ließen (fast) keine Wünsche offen. Die ersten Probleme traten bei der Analyse der technischen Komponenten auf, hier müssen nicht nur die Kondensatoren kritisiert werden, sondern auch die Auswahl an Schutzschaltungen. Schon zu Beginn des Reviews ist uns der Verzicht von OCP aufgefallen, was bei der Analyse der technischen Komponenten bestätigt wurde. An der Chroma versagte das Netzteil dann bei Überlast, denn die verbliebenden Schutzschaltungen griffen viel zu spät ein.
Auf die Praxistests hatte dies erstmal keine Auswirkungen, hier konnte das Netzteil auch weitestgehend überzeugen. Die Effizienz befindet sich auf einem ordentlichen Niveau, auch wenn der versprochene Wert leicht verfehlt wurde. Leistungsfaktorkorrektur und Restwelligkeit ließen keinen Raum für Kritik, das NAXN präsentierte sich auf einem sehr guten Niveau. Die Spannungsregulation absolvierte das NAXN ordentlich, einzig im Crossload schwächelte die gruppenregulierte Schaltung. Für Verwunderung sorgte der Lüfter, welcher mit einer sehr hohen Minimaldrehzahl lautstark auf sich aufmerksam machte und in Szenario 1 für den bislang schlechtesten Wert sorgte.
Insgesamt hinterließ das Enermax NAXN 82+ ADV 550W einen eher zwiespältigen Eindruck. Die Stärken des Netzteils werden leider durch die zwei dicken Minuspunkte mit der Lautstärke und den Schutzschaltungen zunichte gemacht. Wir haben das NAXN während des Tests mit anderen Netzteilen verglichen und kommen letztendlich zu dem Schluss, dass die Konkurrenz in dieser Preis- und Leistungsklasse eindeutig mehr zu bieten hat.
- Positiv
- Kompaktes Gehäuse
- Ordentliche Kabellängen
- Ordentliche Effizienz
- Neutral
- Negativ
- Eher günstige elektronische Komponenten verbaut
- Wichtige Schutzschaltungen fehlen, Netzteil schaltet zu spät ab
- Sehr lauter Lüfter
0 Beiträge